Nachlassregelung von nicht in Frankreich ansässigen Personen
Seit dem Beschluss der EU-Erbrechtsverordnung Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, deren Rechtskräftigkeit am 16. August 2012 und ihrem Inkrafttreten am 17. August 2015 ist diese Verordnung innerhalb der Europäischen Union anwendbar, mit Ausnahme von Dänemark und Irland.
Das anwendbare Erbschaftrecht ist das des Staates, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Wohnsitz hatte. Die EU-Verordnung ermöglicht jedoch, in einer letztwilligen Verfügung das Recht der Staatsangehörigkeit des Erblassers, die er zum Zeitpunkt der Rechtswahl oder zum Zeitpunkt des Todesfalls innehatte, zu wählen. Es kann sich hierbei um das Recht eines Staats handeln, der die Verordnung ratifiziert hat, oder um das Recht eines Drittstaats. Diesbezüglich sind die Regelungen der Verordnung universal anwendbar.
BEISPIEL:
Ein britischer Staatsangehöriger, der in Frankreich ansässig ist, kann für seinen Nachlass das britische Recht wählen, das dann auch auf sein in Frankreich belegenes Vermögen anwendbar ist.
Eine solche Rechtswahl widerspricht mitunter den Regelungen der französischen Pflichterbenstellung, laut derer es nicht möglich ist, ein Kind zu enterben. Wurde keine Rechtswahl getroffen und wird das Recht des Staates, in dem sich der gewöhnliche Wohnsitz des Erblassers befindet, nicht angewendet, kann es vorkommen, dass das Recht des Wohnsitzstaates auf das Recht des Staates verweist, in dem sich die Immobilien befinden.
In diesem Fall käme, obgleich ein Recht auf den Nachlass anwendbar ist, das keine Pflichterbenstellung kennt, letztere doch gemäß französischem Recht für die in Frankreich belegenen Immobilien zur Anwendung – je nach Art der Güter sind in diesem Fall also zwei verschiedene Rechte auf den Nachlass anwendbar.
Werden Immobilien von Gesellschaften (in einer SCI oder Ähnlichem) gehalten, ändert sich die Art der Güter: Unbewegliche Gegenstände (Immobilien) werden zu beweglichen Gegenständen, was zur Folge hat, dass das französische Recht nicht auf die Gesellschaftsanteile anwendbar ist. Diese Praxis wurde gerichtlich sanktioniert: Der Kassationsgerichtshof urteilte am 20. März 1985, dass es sich um Betrug am französischen Erbrecht handle, der der Umgehung des Pflichterbenrechts diene.
Das obige Beispiel ist auch auf in den USA Ansässige anwendbar.